Das neu einge­führte Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz stellt Unternehmen mit über 50 Mitar­bei­t­en­den vor die Pflicht, ein internes Meldesys­tem für Hin­weis­ge­ber zu etablieren.

Hinweisgeberschutzgesetz

Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern

Hinweisgeberschutzgesetz

Das Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz (Hin­SchG), das am 2. Juli 2023 in Kraft getreten ist, verpflichtet Unternehmen mit mehr als 50 Mitar­bei­t­en­den, ein internes Meldesys­tem für Hin­weis­ge­ber zu imple­men­tieren. Für kleinere Unternehmen mit ein­er Belegschaft zwis­chen 50 und 249 Per­so­n­en wurde eine “Schon­frist” bis zum 17. Dezem­ber 2023 gewährt. Ab dem 18. Dezem­ber 2023 müssen alle Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen ab ein­er Größe von 50 Beschäftigten sichere interne Hin­weis­ge­ber­sys­teme ein­richt­en und betreiben.

Ziel: Der Schutz von Indi­viduen, die in Ausübung ihrer beru­flichen Pflicht­en Ken­nt­nis von Unregelmäßigkeit­en oder Ver­stößen erlan­gen und diese Vor­fälle bericht­en, ist von zen­traler Bedeu­tung. Das Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz unter­sagt strikt alle For­men von Vergel­tungs­maß­nah­men oder Repres­salien gegen Per­so­n­en (Whistle­blow­er), die solche Infor­ma­tio­nen weit­ergeben. Weit­er­hin verpflichtet es Unternehmen und Organ­i­sa­tio­nen, ver­trauenswürdi­ge und sichere Kom­mu­nika­tion­skanäle zu etablieren, die es Mitar­beit­ern ermöglichen, Missstände oder unethis­ches Ver­hal­ten ver­traulich und sich­er zu melden. Dadurch wird gewährleis­tet, dass Whistle­blow­er ihre wichtige Rolle in der Aufdeck­ung und Bekämp­fung von Fehlver­hal­ten ohne Angst vor per­sön­lichen Kon­se­quen­zen ausüben können.

Das Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz ist die deutsche Umset­zung der “EU-Whistle­blow­er-Richtlin­ie” (Richtlin­ie (EU) 2019/1937) des Europäis­chen Par­la­ments und des Rates der Europäis­chen Union vom 23. Okto­ber 2019 zum Schutz von Per­so­n­en, die Ver­stöße gegen das Union­srecht melden.

Was müssen Arbeitgeber umsetzen

  • Organ­i­sa­tio­nen mit mehr als 50 Mitar­beit­ern müssen interne Sys­teme für die Über­mit­tlung von Infor­ma­tio­nen über Ver­stöße ein­richt­en und betreiben. Ab dem 18. Dezem­ber 2023 gilt diese Pflicht auch für Organ­i­sa­tio­nen mit 50 bis 249 Mitarbeitern.
  • Die Infor­ma­tio­nen der Whistle­blow­er kön­nen mündlich, schriftlich oder per­sön­lich über­mit­telt werden.
  • Die interne Meldestelle muss den Absender ein­er Infor­ma­tion inner­halb von sieben Tagen bestäti­gen, dass die Infor­ma­tion einge­gan­gen ist.
  • Inner­halb von drei Monat­en muss die Meldestelle den Whistle­blow­ern über die ergrif­f­e­nen Maß­nah­men informieren, z. B. über die Ein­leitung ein­er inter­nen Unter­suchung oder die Weit­er­gabe der Infor­ma­tion an eine zuständi­ge Behörde.
  • Als zweite Möglichkeit zur Über­mit­tlung von Infor­ma­tio­nen wird beim Bun­de­samt für Jus­tiz eine externe Meldestelle ein­gerichtet. Die Län­der kön­nen auch eigene Meldestellen einrichten.
  • Whistle­blow­er kön­nen frei entschei­den, ob sie ihre Infor­ma­tio­nen an die interne Meldestelle ihrer Organ­i­sa­tion oder an die externe Meldestelle übermitteln.
  • Anonyme Infor­ma­tio­nen wer­den eben­falls berücksichtigt.
  • Um die Absender von Infor­ma­tio­nen vor Vergel­tungs­maß­nah­men zu schützen, gilt eine umfassende Beweis­las­tumkehr. Wenn ein Whistle­blow­er in Zusam­men­hang mit sein­er Arbeit diskri­m­iniert wird, wird ver­mutet, dass diese Diskri­m­inierung eine Vergel­tung ist. Absender von Infor­ma­tio­nen haben zudem Anspruch auf Schaden­er­satz wegen Vergeltungsmaßnahmen.

Whistleblowerschutz durch Umsetzung der EU-Richtlinie

Darstellung zum HinweisgeberschutzgesetzDas Ziel des Hin­weis­ge­ber­schutzge­set­zes und der zugrunde liegen­den EU-Richtlin­ie ist es, Whistle­blow­ern, also Per­so­n­en, die auf Unregelmäßigkeit­en in Unternehmen hin­weisen, einen verbesserten Schutz zu bieten. Die EU-Mit­glied­staat­en hat­ten bis zum 17. Dezem­ber 2021 Zeit, die EU-Richtlin­ie zum Schutz von Whistle­blow­ern in nationales Recht umzuset­zen. In Deutsch­land scheit­erte ein geplantes Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz bere­its in der vorheri­gen Leg­is­laturpe­ri­ode auf­grund unter­schiedlich­er Stand­punk­te in der Großen Koali­tion. Auf­grund der ver­passten Frist hat die EU-Kom­mis­sion am 27. Jan­u­ar 2022 ein formelles Ver­tragsver­let­zungsver­fahren gegen Deutsch­land eingeleitet.

Nach mehreren Anläufen wurde das Gesetz schließlich ver­ab­schiedet. Im Feb­ru­ar 2023 lehnte der Bun­desrat die Zus­tim­mung ab. Nach­dem Bund und Län­der einen Kom­pro­miss gefun­den hat­ten, ver­ab­schiedete der Bun­destag den geän­derten Entwurf am 11. Mai 2023; der Bun­desrat stimmte am 12. Mai 2023 zu. Unter anderem wurde auf anonyme Meldekanäle verzichtet. Was sind nun die Anforderun­gen des Hin­weis­ge­ber­schutzge­set­zes für Arbeitgeber?

Welche Änderungen ergeben sich durch den Vermittlungsausschuss?

  • Der Ver­mit­tlungsauss­chuss kam zu dem Kon­sens, dass das Gesetz nicht die Pflicht zur Ermöglichung anonymer Mel­dun­gen vorschreibt. Dies bet­rifft sowohl interne als auch externe Meldestellen. Es wird lediglich gefordert, dass diese Stellen auch anonyme Mel­dun­gen bear­beit­en müssen. Darüber hin­aus wurde hinzuge­fügt, dass Hin­weis­ge­ber in Sit­u­a­tio­nen, in denen interne Ver­stöße effek­tiv ange­gan­gen wer­den kön­nen, die Mel­dung an eine interne Meldestelle bevorzu­gen sollten.
  • Infor­ma­tio­nen über Ver­stöße sind nur dann von dem Gesetz umfasst, wenn sie sich auf den Arbeit­ge­ber oder eine andere Stelle beziehen, mit der der Hin­weis­ge­ber beru­flich in Verbindung stand.
  • Der Geset­zen­twurf sah bere­its eine Umkehr der Beweis­last vor, wenn der Hin­weis­ge­ber eine Benachteili­gung in Bezug auf seine beru­fliche Tätigkeit erfährt. Dies bleibt beste­hen. Die Ver­mu­tung, dass die Benachteili­gung eine Vergel­tungs­maß­nahme für den Hin­weis ist, soll jedoch nur dann gel­ten, wenn der Hin­weis­ge­ber dies selb­st behauptet.
  • Die max­i­male Höhe der Bußgelder, die für Ver­stöße gegen das Gesetz ver­hängt wer­den kön­nen, wurde von 100.000 Euro auf nur noch 50.000 Euro reduziert.

Was bedeutet das für die Praxis?

Das Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz stellt eine neue rechtliche Anforderung dar, die alle Unternehmen mit min­destens 50 Mitar­bei­t­en­den berück­sichti­gen müssen, da sie unter dieses Gesetz fall­en. Ab dem 18. Dezem­ber 2023 wird die Umset­zung dieser Anforderun­gen für alle Unternehmen mit min­destens 50 Beschäftigten zur Pflicht, ohne weit­ere “Schon­frist”. Die Imple­men­tierung des Hin­weis­ge­ber­schutzge­set­zes ist kom­plex und erfordert eine frühzeit­ige Pla­nung und Vorbereitung.

  • Ein wesentlich­er Aspekt ist die Ein­rich­tung ein­er inter­nen Meldestelle im Unternehmen. Unternehmen mit ein­er Konz­ern­struk­tur kön­nten in Betra­cht ziehen, eine zen­trale Meldestelle für den gesamten Konz­ern einzuricht­en, was vom Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz ermöglicht wird.
  • Des Weit­eren sind klare Richtlin­ien erforder­lich, die den Umgang mit Mel­dun­gen von Hin­weis­ge­bern regeln. Für Unternehmen, die bere­its eine Meldestelle und entsprechende Ver­fahren­srichtlin­ien haben, ist es wichtig zu über­prüfen, ob diese mit den Bes­tim­mungen des neuen Hin­weis­ge­ber­schutzge­set­zes übereinstimmen.
  • Für Unternehmen mit einem Betrieb­srat ist oft eine län­gere Vor­laufzeit erforder­lich. Der Betrieb­srat hat Mitbes­tim­mungsrechte bei der Gestal­tung des Whistle­blow­er-Sys­tems, so dass eine Betrieb­svere­in­barung zwis­chen den Betrieb­sparteien erforder­lich ist.
  • Sollte die Iden­tität des Whistle­blow­ers bekan­nt sein, kön­nte bere­its eine Nicht­berück­sich­ti­gung bei Beförderun­gen, Ver­set­zun­gen oder die Nichtver­längerung eines befris­teten Arbeitsver­trages als “Vergel­tungs­maß­nahme” gew­ertet wer­den. In diesem Fall muss der Arbeit­ge­ber nach­weisen, dass dies keine Benachteili­gung des Whistle­blow­ers auf­grund sein­er Mel­dung war. Wenn der Arbeit­ge­ber diesen Ent­las­tungs­be­weis nicht erbrin­gen kann, kön­nten Schaden­er­satz­forderun­gen des Whistle­blow­ers und Bußgelder drohen.

Achtung

  • Geld­bußen bis zu 50.000 EUR sind möglich
  • eine Meldestelle ist dazu verpflichtet, inner­halb von drei Monat­en Fol­ge­maß­nah­men zu ergreifen und den Hin­weis­ge­ber zu informieren

Unsere Leistungen

  • Beratung in der Entwick­lung regelkon­former Hin­weis­ge­berver­fahren für Ihre Organ­i­sa­tion unter Berücksichtigung von Daten­schutz und Mitbestimmung
  • Unter­stützung in der Ein­führung von Hin­weis­ge­ber­sys­te­men in Unternehmen
  • Berück­sich­ti­gung in Qual­itäts­man­age­mentsys­te­men (inkl. Prozessabbildung)
  • ISO9001 Hin­weis­ge­ber­sys­tem-Prozess Erstellung
  • Über­set­zung des Hin­weis­ge­ber­sys­temkonzepts in unternehmensweite Richtlin­ie inner­halb der beste­hen­den Compliance-Richtlinien
  • Einführung ein­er Meldestelle zur anony­men Kom­mu­nika­tion zwis­chen Hin­weis­ge­ber und Unternehmen

Beispiele möglicher Missstände und Rechtsverstöße

  • Ver­stöße gegen den Schutz von Betrieb­s­ge­heimnis­sen nach dem Geschäfts­ge­heimnis­ge­setz (GeschGe­hG)
  • Ver­let­zung der Schweigepflicht von Berufsgeheimnisträgern
  • Ver­stöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen
  • Ver­stöße gegen das Mindestlohngesetz
  • Ver­stöße gegen das Lieferkettengesetz
  • Bege­hung von Straftaten
  • Ver­let­zung von Vorschriften zur Bekämp­fung von Geldwäsche
  • Mis­sach­tung von Vor­gaben zur Produktsicherheit
  • Mis­sach­tung von Umweltschutzvorgaben
  • Ver­let­zung von Verbraucherschutzvorschriften
  • Ver­let­zung von Buch­führungsvorschriften und Steuerpflichten
  • Ver­let­zung der daten­schutzrechtlichen Vor­gaben bei der Ver­ar­beitung per­so­n­en­be­zo­gen­er Daten

Weitere Informationen

FAQ

Hinweisgeberschutzgesetz -eine Frau im BüroWer ist von diesem Gesetz betroffen?

Das Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz bietet Schutz für alle Beschäftigten, ein­schließlich Arbeit­nehmer und Auszu­bildende in der Pri­vatwirtschaft sowie Beamte, Richter oder Sol­dat­en in Behör­den oder anderen öffentlich-rechtlichen Beschäf­ti­gungs­ge­bern. Das Gesetz gilt für alle Arbeit­ge­ber, unab­hängig von ihrer Größe, und umfasst somit Unternehmen ab dem ersten Mitar­beit­er. Allerd­ings sind nur Unternehmen mit min­destens 50 Mitar­beit­ern verpflichtet, eine interne Meldestelle für Hin­weise einzurichten.

Welche Verstöße werden vom Gesetz geregelt?

Das Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz enthält eine abschließende Liste von Tatbestän­den, die gemeldet wer­den kön­nen. Hierzu gehören unter anderem Straftatbestände, Ord­nungswidrigkeit­en, die Leben, Kör­p­er oder Gesund­heit oder die Rechte von Beschäftigten oder deren Vertre­tun­gen betr­e­f­fen, sowie spez­i­fis­che Rechtsvorschriften auf Bundes‑, Lan­des- oder EU-Ebene. Let­ztere umfassen unter anderem Vorschriften zur Bekämp­fung von Geld­wäsche, Pro­duk­t­sicher­heit, Umweltschutz und Datenschutz.

Welche Meldewege stehen Whistleblowern zur Verfügung?

Das Hin­weis­ge­ber­schutzge­setz unter­schei­det zwis­chen inter­nen und exter­nen Meldestellen. Interne Meldestellen wer­den vom Arbeit­ge­ber ein­gerichtet, während externe Meldestellen von Bund oder Län­dern betrieben wer­den. Darüber hin­aus ermöglicht das Gesetz die “Offen­le­gung von Infor­ma­tio­nen”, d.h. die Veröf­fentlichung von Infor­ma­tio­nen, beispiel­sweise durch die Presse, allerd­ings nur in eng begren­zten Ausnahmefällen.

Wer muss eine interne Meldestelle einrichten?

Alle Arbeit­ge­ber mit 50 oder mehr Mitar­beit­ern sind verpflichtet, eine interne Meldestelle einzuricht­en. Bes­timmte Unternehmen der Finanzbranche müssen unab­hängig von ihrer Mitar­beit­erzahl eine solche Stelle ein­richt­en. Arbeit­ge­ber mit 50 bis 249 Mitar­beit­ern haben die Möglichkeit, sich zusam­men­zuschließen und eine gemein­same interne Meldestelle zu betreiben. Für Unternehmen mit weniger als 50 Mitar­beit­ern beste­ht keine solche Verpflichtung.

Welche Fristen und Pflichten gibt es?

Unternehmen mit min­destens 250 Beschäftigten sind seit dem 02. Juli 2023 verpflichtet, eine interne Meldestelle einzuricht­en. Die Nicht­be­fol­gung dieser Pflicht stellt nach § 40 eine Ord­nungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro geah­n­det wer­den. Diese Vorschrift tritt jedoch erst am 01. Dezem­ber 2023 in Kraft. Daher dro­hen Kon­se­quen­zen für die Nichtein­hal­tung erst ab Dezem­ber 2023, obwohl die Pflicht zur Ein­rich­tung der inter­nen Meldestelle seit dem 2. Juli besteht.

Für Unternehmen mit min­destens 50, aber weniger als 250 Beschäftigten beste­ht die Verpflich­tung zum Betrieb ein­er inter­nen Meldestelle erst ab dem 17. Dezem­ber 2023. Hier gibt es keine “Karenzzeit”. Ab dem Stich­tag 17. Dezem­ber muss die interne Meldestelle vorhan­den sein, son­st dro­ht ein Bußgeld.

Die übri­gen Bes­tim­mungen des Hin­SchG gel­ten ab dem Inkraft­treten des Geset­zes, also seit dem 02. Juli 2023. Zu diesem Zeit­punkt nahm auch die externe Meldestelle beim Bun­de­samt für Jus­tiz ihre Arbeit auf.

Wie ist der Aufbau einer internen Meldestelle geregelt?

Der Arbeit­ge­ber muss eine oder mehrere Per­so­n­en mit der Auf­gabe der inter­nen Meldestelle beauf­tra­gen. Diese Per­so­n­en müssen über “die notwendi­ge Fachkunde” gemäß Hin­SchG ver­fü­gen, was zumin­d­est die Ken­nt­nis des Hin­SchG und ins­beson­dere der zu beach­t­en­den Ver­fahrensvorschriften voraus­set­zt. Zusät­zliche (z.B. juris­tis­che) Fachken­nt­nisse kön­nen nüt­zlich sein, sind aber nach dem Wort­laut nicht unbe­d­ingt erforder­lich. Es ist zuläs­sig, dass die beauf­tragte Per­son neben der Tätigkeit für die interne Meldestelle im Unternehmen auch andere Auf­gaben wahrn­immt, solange kein Inter­essenkon­flikt besteht.

Wichtig: Die Beauf­tragten für die interne Meldestelle sind in der Ausübung dieser Tätigkeit unab­hängig und unter­liegen bei der Erfül­lung der Auf­gaben nach dem Hin­SchG keinen Weisungen.

Es ist aus­drück­lich zuläs­sig, sich bei der Ein­rich­tung der inter­nen Meldestelle auch durch externe Dien­stleis­ter, wie z.B. Recht­san­wälte, unter­stützen zu lassen. Trotz­dem han­delt es sich in diesem Fall um eine interne Meldestelle (im Gegen­satz zur exter­nen Meldestelle beim Bun­de­samt für Justiz).

Welche Aufgaben hat eine Meldestelle?

Die Auf­gaben der inter­nen Meldestelle umfassen:

  • Betrieb von Meldekanälen
  • Bear­beitung einge­hen­der Meldungen
  • Ergreifen erforder­lich­er Folgemaßnahmen

Die Meldestelle ist verpflichtet, Mel­dun­gen von eige­nen Mitar­beit­ern und über­lasse­nen Lei­har­beit­nehmern ent­ge­gen­zunehmen. Andere Per­so­n­en, die beru­flich mit dem Unternehmen in Kon­takt ste­hen (z.B. Liefer­an­ten, externe Dien­stleis­ter), müssen nicht von der inter­nen Meldestelle berück­sichtigt wer­den. Es ist jedoch zuläs­sig, eine interne Meldestelle auf frei­williger Basis auch für diese Per­so­n­en­gruppe zu öffnen.

Gibt es bestimmte notwendige Meldekanäle?

Gemäß § 16 des Hin­SchG müssen “Meldekanäle” ein­gerichtet wer­den, über die sowohl eigene Mitar­beit­er als auch über­lassene Lei­har­beit­nehmer Infor­ma­tio­nen über Ver­stöße melden kön­nen. Es müssen fol­gende Mel­dun­gen ermöglicht werden:

  • Mündliche Mel­dun­gen (z.B. durch eine “Hot­line” oder einen Anrufbeantworter)
  • Mel­dun­gen in Textform (z.B. durch eine elek­tro­n­is­che Hin­weis­ge­ber­plat­tform oder eine spezielle E‑Mail-Adresse)
  • Auf Wun­sch des Hin­weis­ge­bers muss inner­halb ein­er angemesse­nen Frist auch ein per­sön­lich­es Gespräch mit ein­er zuständi­gen Per­son möglich sein.

Was muss die interne Meldestelle nach Eingang einer Meldung tun?

Die interne Meldestelle hat nach dem § 17 Hin­SchG konkrete Auf­gaben zu erfüllen, sobald eine Mel­dung einge­gan­gen ist:

  • Bestä­ti­gung des Ein­gangs der Mel­dung inner­halb von sieben Tagen
  • Prü­fung, ob der gemeldete Ver­stoß unter das Hin­SchG fällt
  • Aufrechter­hal­tung der Kom­mu­nika­tion mit der hin­weis­geben­den Person
  • Prü­fung der Stich­haltigkeit der einge­gan­genen Meldung
  • Anforderung weit­er­er Infor­ma­tio­nen vom Hin­weis­ge­ber, falls notwendig
  • Ergreifen angemessen­er Folgemaßnahmen
  • Rück­mel­dung an den Hin­weis­ge­ber inner­halb von drei Monat­en über die ergrif­f­e­nen oder geplanten Maß­nah­men und deren Gründe, sofern diese Rück­mel­dung die Ermit­tlun­gen oder beteiligte Per­so­n­en nicht beeinträchtigt
  • Als angemessene Fol­ge­maß­nah­men kom­men nach § 18 Hin­SchG unter anderem in Betracht:
  • Durch­führung intern­er Unter­suchun­gen und Kon­tak­tauf­nahme mit Betroffenen
  • Ver­weisung des Hin­weis­ge­bers an andere zuständi­ge Stellen
  • Abschließen des Ver­fahrens aus Man­gel an Beweisen oder aus anderen Gründen
  • Weit­er­leitung zur weit­eren Unter­suchung an eine für interne Ermit­tlun­gen zuständi­ge Ein­heit oder an eine zuständi­ge Behörde

Das Hin­SchG schreibt keine spez­i­fis­che Vorge­hensweise vor. Die Entschei­dung für konkrete Fol­ge­maß­nah­men muss im Einzelfall getrof­fen werden.

Was ist im Verfahren mit Whistleblowern besonders zu beachten?

Gemäß § 8 Hin­SchG gilt für das gesamte Ver­fahren das Ver­traulichkeits­ge­bot. Die Meldestellen müssen die Iden­tität des Whistle­blow­ers, der Per­so­n­en, die Gegen­stand der Mel­dung sind, und son­stiger in der Mel­dung genan­nter Per­so­n­en ver­traulich behan­deln. Aus­nah­men gel­ten nur für Hin­weis­ge­ber, die vorsät­zlich oder grob fahrläs­sig falsche Infor­ma­tio­nen melden, oder wenn die Weit­er­gabe von Infor­ma­tio­nen zur Ergrei­fung von behördlichen oder inter­nen Fol­ge­maß­nah­men erforder­lich ist.

Welche Meldestelle muss ein Hinweisgeber wählen?

Hin­weis­ge­ber haben die freie Wahl, ob sie sich an die interne oder an eine externe Meldestelle wen­den, auch wenn eine interne Meldestelle vorhan­den ist. Es ist im Inter­esse des Unternehmens, dass Hin­weis­ge­ber bevorzugt die interne Meldestelle nutzen. Allerd­ings dür­fen Unternehmen keine verbindlichen Vor­gaben zur Nutzung des inter­nen Meldewegs machen. Sie soll­ten jedoch Anreize schaf­fen, dass in erster Lin­ie die interne Meldestelle genutzt wird.

Dürfen Whistleblower an die Öffentlichkeit gehen?

Das Hin­SchG erken­nt die Offen­le­gung von Infor­ma­tio­nen an die Öffentlichkeit als eine mögliche Hand­lung des Whistle­blow­ers an. Die Veröf­fentlichung von Infor­ma­tio­nen ist jedoch nur unter stren­gen Voraus­set­zun­gen gemäß § 32 Hin­SchG zulässig.

  • Der Whistle­blow­er muss sich ord­nungs­gemäß an eine externe Meldestelle gewandt haben und von dort keine frist­gerechte Rück­mel­dung erhal­ten haben.
  • Oder es müssen erhe­bliche Umstände vor­liegen, wie eine dro­hende unmit­tel­bare oder offenkundi­ge Gefährdung des öffentlichen Inter­ess­es oder auch Anhalt­spunk­te für ein Zusam­men­wirken der Meldestelle und des Beschuldigten.

Falls diese Voraus­set­zun­gen nicht erfüllt sind, ist die Veröf­fentlichung nicht durch das Hin­SchG geschützt. Das Veröf­fentlichen falsch­er Infor­ma­tio­nen stellt eine Ord­nungswidrigkeit dar, und der Whistle­blow­er ist verpflichtet, für den ent­stande­nen Schaden aufzukommen.

Da der Whistle­blow­er bei der Veröf­fentlichung erhe­bliche Risiken einge­ht, ist es in der Regel rat­samer, Mel­dun­gen an interne oder externe Meldestellen zu senden.

Wer sind die geschützten Whistleblower / Hinweisgeber?

Per­so­n­en, die Hin­weise gemäß dem Hin­SchG geben, genießen beson­deren Schutz. Fol­gende Bedin­gun­gen müssen erfüllt sein:

  • Der Inhalt der Mel­dung bet­rifft einen Ver­stoß, der in den Anwen­dungs­bere­ich des Hin­SchG fällt, oder der Hin­weis­ge­ber hat­te zum Zeit­punkt der Mel­dung “aus­re­ichende Gründe zu der Annahme”, dass dies der Fall ist.
  • Eine Mel­dung an die interne oder externe Meldestelle oder (nur bei Vor­liegen der beson­deren Voraus­set­zun­gen!) eine Offen­le­gung hat stattgefunden.
  • Der Hin­weis­ge­ber hat­te “aus­re­ichende Gründe zu der Annahme”, dass die Mel­dung der Wahrheit entspricht.

Wann liegt ein “hinreichender Grund” für die Annahme eines Verstoßes vor?

Der Schutz des Hin­weis­ge­bers ist unzweifel­haft gegeben, wenn der von ihm gemeldete Sachver­halt einen Ver­stoß im Rah­men des Hin­SchG darstellt. Die Schutzbes­tim­mungen des Hin­SchG greifen jedoch auch, wenn es einen aus­re­ichen­den Grund für diese Annahme gibt. Die genaue Def­i­n­i­tion von “aus­re­ichen­dem Grund zur Annahme” wird wahrschein­lich in zukün­ftiger Recht­sprechung präzisiert.

Objek­tive Anze­ichen sind in jedem Fall erforder­lich. Eine Mel­dung, die lediglich auf Ver­mu­tun­gen basiert, ist nicht ausreichend.

Ob diese objek­tiv­en Anze­ichen aus­re­ichen, um einen Ver­stoß nach dem Hin­SchG anzunehmen, hängt von der Per­spek­tive des Hin­weis­ge­bers ab: Kon­nte er auf­grund der ihm bekan­nten Fak­ten vernün­ftiger­weise einen Ver­stoß annehmen?

Die Anforderun­gen an die Über­prü­fung der Stich­haltigkeit seines Ver­dachts durch den Hin­weis­ge­ber dür­fen nicht zu hoch sein — eine umfan­gre­iche “Vorun­ter­suchung” kann nicht ver­langt wer­den. Es ist jedoch klar, dass ober­fläch­liche Mel­dun­gen ohne Sub­stanz nicht unter den Schutz des Hin­SchG fallen.

Wie kann der Whistleblower geschützt werden?

Die Hauptbes­tim­mung, die den Hin­weis­ge­ber schützen soll, ist im § 36 des Hin­SchG fest­gelegt. Es ist unter­sagt, Repres­salien gegen den Hin­weis­ge­ber zu verüben, was auch die Andro­hung oder den Ver­such solch­er Maß­nah­men einschließt.

Der Begriff “Repres­salien” wird sehr weit aus­gelegt. Jegliche Maß­nahme, die dem Hin­weis­ge­ber schadet, muss in Betra­cht gezo­gen wer­den. Dies kann Anweisun­gen seit­ens des Arbeit­ge­bers, Ver­set­zun­gen, Kündi­gun­gen sowie die Nicht­berück­sich­ti­gung für Beförderun­gen, Gehalt­ser­höhun­gen oder die Nichtver­längerung eines befris­teten Arbeitsver­trags umfassen.

Wenn ein Hin­weis­ge­ber behauptet, dass eine nachteilige Maß­nahme auf­grund sein­er Mel­dung nach dem Hin­SchG erfol­gt ist, wird davon aus­ge­gan­gen, dass es sich tat­säch­lich um eine Repres­salie auf­grund der Mel­dung han­delt. Allerd­ings hat der Arbeit­ge­ber die Möglichkeit, diese Annahme zu widerlegen.

Kann nachgewiesen werden, ob eine Maßnahme keine Repressalie ist?

Sollte nachteilige Maß­nah­men gegen einen Hin­weis­ge­ber ergrif­f­en wer­den und der Hin­weis­ge­ber behauptet einen Zusam­men­hang, wird grund­sät­zlich von ein­er unzuläs­si­gen Vergel­tungs­maß­nahme ausgegangen.

Um den­noch wirk­same Maß­nah­men, wie z.B. eine Kündi­gung durchzuführen, muss der Arbeit­ge­ber den Nach­weis erbrin­gen, dass kein Zusam­men­hang zur Mel­dung beste­ht. Es kann oft anspruchsvoll sein, nachzuweisen, dass Maß­nah­men gegen einen Hin­weis­ge­ber nicht auf­grund der Mel­dung ergrif­f­en wur­den und ander­weit­ig begrün­det sind.

Neben der sach­lichen Begrün­dung der betr­e­f­fend­en Maß­nahme, sind die Details des Melde­v­er­fahrens von beson­der­er Bedeu­tung: Wie ist der zeitliche Zusam­men­hang? Wur­den bere­its Schritte zur Behe­bung des gemelde­ten Prob­lems unter­nom­men? War die betrof­fene Per­son auf der Seite des Arbeit­ge­bers über das Melde­v­er­fahren informiert?

Wie kann man sich vor Falschmeldungen schützen?

Gemäß § 38 des Hin­weis­ge­ber­schutzge­set­zes (Hin­SchG) ist der Hin­weis­ge­ber verpflichtet, Schaden­er­satz für Schä­den zu leis­ten, die aus ein­er vorsät­zlichen oder grob fahrläs­si­gen Mel­dung oder Offen­le­gung falsch­er Infor­ma­tio­nen entstehen.

Jedoch beste­ht diese Schaden­er­satzpflicht nur für bewusst falsche Mel­dun­gen oder solche, von denen der Hin­weis­ge­ber selb­st annimmt, dass sie eher unzutr­e­f­fend sind. Wenn es Hin­weise auf einen Rechtsver­stoß gab und der Hin­weis­ge­ber aus­re­ichend Grund zur Annahme eines meldewürdi­gen Sachver­halts hat­te, hat der Schutz des Hin­weis­ge­bers Vor­rang. Eine Schaden­er­satzpflicht ent­fällt – selb­st wenn sich die Annahme des Hin­weis­ge­bers im Nach­hinein als unzutr­e­f­fend erweist.

Darüber hin­aus liegt es in der Ver­ant­wor­tung der inter­nen Meldestelle und der Per­so­n­en oder zuständi­gen Behör­den, die mit angemesse­nen Fol­ge­maß­nah­men beauf­tragt sind, den Sachver­halt nach ein­er Mel­dung zu klären und von weit­eren Maß­nah­men abzuse­hen, soll­ten sich die erhobe­nen Vor­würfe als falsch erweisen.