Hinweisgeberschutzgesetz
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), das am 2. Juli 2023 in Kraft getreten ist, verpflichtet Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden, ein internes Meldesystem für Hinweisgeber zu implementieren. Für kleinere Unternehmen mit einer Belegschaft zwischen 50 und 249 Personen wurde eine “Schonfrist” bis zum 17. Dezember 2023 gewährt. Ab dem 18. Dezember 2023 müssen alle Unternehmen und Organisationen ab einer Größe von 50 Beschäftigten sichere interne Hinweisgebersysteme einrichten und betreiben.
Ziel: Der Schutz von Individuen, die in Ausübung ihrer beruflichen Pflichten Kenntnis von Unregelmäßigkeiten oder Verstößen erlangen und diese Vorfälle berichten, ist von zentraler Bedeutung. Das Hinweisgeberschutzgesetz untersagt strikt alle Formen von Vergeltungsmaßnahmen oder Repressalien gegen Personen (Whistleblower), die solche Informationen weitergeben. Weiterhin verpflichtet es Unternehmen und Organisationen, vertrauenswürdige und sichere Kommunikationskanäle zu etablieren, die es Mitarbeitern ermöglichen, Missstände oder unethisches Verhalten vertraulich und sicher zu melden. Dadurch wird gewährleistet, dass Whistleblower ihre wichtige Rolle in der Aufdeckung und Bekämpfung von Fehlverhalten ohne Angst vor persönlichen Konsequenzen ausüben können.
Das Hinweisgeberschutzgesetz ist die deutsche Umsetzung der “EU-Whistleblower-Richtlinie” (Richtlinie (EU) 2019/1937) des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.
Was müssen Arbeitgeber umsetzen
- Organisationen mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen interne Systeme für die Übermittlung von Informationen über Verstöße einrichten und betreiben. Ab dem 18. Dezember 2023 gilt diese Pflicht auch für Organisationen mit 50 bis 249 Mitarbeitern.
- Die Informationen der Whistleblower können mündlich, schriftlich oder persönlich übermittelt werden.
- Die interne Meldestelle muss den Absender einer Information innerhalb von sieben Tagen bestätigen, dass die Information eingegangen ist.
- Innerhalb von drei Monaten muss die Meldestelle den Whistleblowern über die ergriffenen Maßnahmen informieren, z. B. über die Einleitung einer internen Untersuchung oder die Weitergabe der Information an eine zuständige Behörde.
- Als zweite Möglichkeit zur Übermittlung von Informationen wird beim Bundesamt für Justiz eine externe Meldestelle eingerichtet. Die Länder können auch eigene Meldestellen einrichten.
- Whistleblower können frei entscheiden, ob sie ihre Informationen an die interne Meldestelle ihrer Organisation oder an die externe Meldestelle übermitteln.
- Anonyme Informationen werden ebenfalls berücksichtigt.
- Um die Absender von Informationen vor Vergeltungsmaßnahmen zu schützen, gilt eine umfassende Beweislastumkehr. Wenn ein Whistleblower in Zusammenhang mit seiner Arbeit diskriminiert wird, wird vermutet, dass diese Diskriminierung eine Vergeltung ist. Absender von Informationen haben zudem Anspruch auf Schadenersatz wegen Vergeltungsmaßnahmen.
Whistleblowerschutz durch Umsetzung der EU-Richtlinie
Das Ziel des Hinweisgeberschutzgesetzes und der zugrunde liegenden EU-Richtlinie ist es, Whistleblowern, also Personen, die auf Unregelmäßigkeiten in Unternehmen hinweisen, einen verbesserten Schutz zu bieten. Die EU-Mitgliedstaaten hatten bis zum 17. Dezember 2021 Zeit, die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland scheiterte ein geplantes Hinweisgeberschutzgesetz bereits in der vorherigen Legislaturperiode aufgrund unterschiedlicher Standpunkte in der Großen Koalition. Aufgrund der verpassten Frist hat die EU-Kommission am 27. Januar 2022 ein formelles Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Nach mehreren Anläufen wurde das Gesetz schließlich verabschiedet. Im Februar 2023 lehnte der Bundesrat die Zustimmung ab. Nachdem Bund und Länder einen Kompromiss gefunden hatten, verabschiedete der Bundestag den geänderten Entwurf am 11. Mai 2023; der Bundesrat stimmte am 12. Mai 2023 zu. Unter anderem wurde auf anonyme Meldekanäle verzichtet. Was sind nun die Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes für Arbeitgeber?
Welche Änderungen ergeben sich durch den Vermittlungsausschuss?
- Der Vermittlungsausschuss kam zu dem Konsens, dass das Gesetz nicht die Pflicht zur Ermöglichung anonymer Meldungen vorschreibt. Dies betrifft sowohl interne als auch externe Meldestellen. Es wird lediglich gefordert, dass diese Stellen auch anonyme Meldungen bearbeiten müssen. Darüber hinaus wurde hinzugefügt, dass Hinweisgeber in Situationen, in denen interne Verstöße effektiv angegangen werden können, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen sollten.
- Informationen über Verstöße sind nur dann von dem Gesetz umfasst, wenn sie sich auf den Arbeitgeber oder eine andere Stelle beziehen, mit der der Hinweisgeber beruflich in Verbindung stand.
- Der Gesetzentwurf sah bereits eine Umkehr der Beweislast vor, wenn der Hinweisgeber eine Benachteiligung in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit erfährt. Dies bleibt bestehen. Die Vermutung, dass die Benachteiligung eine Vergeltungsmaßnahme für den Hinweis ist, soll jedoch nur dann gelten, wenn der Hinweisgeber dies selbst behauptet.
- Die maximale Höhe der Bußgelder, die für Verstöße gegen das Gesetz verhängt werden können, wurde von 100.000 Euro auf nur noch 50.000 Euro reduziert.
Was bedeutet das für die Praxis?
Das Hinweisgeberschutzgesetz stellt eine neue rechtliche Anforderung dar, die alle Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden berücksichtigen müssen, da sie unter dieses Gesetz fallen. Ab dem 18. Dezember 2023 wird die Umsetzung dieser Anforderungen für alle Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten zur Pflicht, ohne weitere “Schonfrist”. Die Implementierung des Hinweisgeberschutzgesetzes ist komplex und erfordert eine frühzeitige Planung und Vorbereitung.
- Ein wesentlicher Aspekt ist die Einrichtung einer internen Meldestelle im Unternehmen. Unternehmen mit einer Konzernstruktur könnten in Betracht ziehen, eine zentrale Meldestelle für den gesamten Konzern einzurichten, was vom Hinweisgeberschutzgesetz ermöglicht wird.
- Des Weiteren sind klare Richtlinien erforderlich, die den Umgang mit Meldungen von Hinweisgebern regeln. Für Unternehmen, die bereits eine Meldestelle und entsprechende Verfahrensrichtlinien haben, ist es wichtig zu überprüfen, ob diese mit den Bestimmungen des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes übereinstimmen.
- Für Unternehmen mit einem Betriebsrat ist oft eine längere Vorlaufzeit erforderlich. Der Betriebsrat hat Mitbestimmungsrechte bei der Gestaltung des Whistleblower-Systems, so dass eine Betriebsvereinbarung zwischen den Betriebsparteien erforderlich ist.
- Sollte die Identität des Whistleblowers bekannt sein, könnte bereits eine Nichtberücksichtigung bei Beförderungen, Versetzungen oder die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages als “Vergeltungsmaßnahme” gewertet werden. In diesem Fall muss der Arbeitgeber nachweisen, dass dies keine Benachteiligung des Whistleblowers aufgrund seiner Meldung war. Wenn der Arbeitgeber diesen Entlastungsbeweis nicht erbringen kann, könnten Schadenersatzforderungen des Whistleblowers und Bußgelder drohen.
Achtung
- Geldbußen bis zu 50.000 EUR sind möglich
- eine Meldestelle ist dazu verpflichtet, innerhalb von drei Monaten Folgemaßnahmen zu ergreifen und den Hinweisgeber zu informieren
Unsere Leistungen
- Beratung in der Entwicklung regelkonformer Hinweisgeberverfahren für Ihre Organisation unter Berücksichtigung von Datenschutz und Mitbestimmung
- Unterstützung in der Einführung von Hinweisgebersystemen in Unternehmen
- Berücksichtigung in Qualitätsmanagementsystemen (inkl. Prozessabbildung)
- ISO9001 Hinweisgebersystem-Prozess Erstellung
- Übersetzung des Hinweisgebersystemkonzepts in unternehmensweite Richtlinie innerhalb der bestehenden Compliance-Richtlinien
- Einführung einer Meldestelle zur anonymen Kommunikation zwischen Hinweisgeber und Unternehmen
Beispiele möglicher Missstände und Rechtsverstöße
- Verstöße gegen den Schutz von Betriebsgeheimnissen nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG)
- Verletzung der Schweigepflicht von Berufsgeheimnisträgern
- Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen
- Verstöße gegen das Mindestlohngesetz
- Verstöße gegen das Lieferkettengesetz
- Begehung von Straftaten
- Verletzung von Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche
- Missachtung von Vorgaben zur Produktsicherheit
- Missachtung von Umweltschutzvorgaben
- Verletzung von Verbraucherschutzvorschriften
- Verletzung von Buchführungsvorschriften und Steuerpflichten
- Verletzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
Weitere Informationen
- Gesetzestext: https://www.gesetze-im-internet.de
- Informationen der IHK: https://www.ihk.de
FAQ
Wer ist von diesem Gesetz betroffen?
Das Hinweisgeberschutzgesetz bietet Schutz für alle Beschäftigten, einschließlich Arbeitnehmer und Auszubildende in der Privatwirtschaft sowie Beamte, Richter oder Soldaten in Behörden oder anderen öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsgebern. Das Gesetz gilt für alle Arbeitgeber, unabhängig von ihrer Größe, und umfasst somit Unternehmen ab dem ersten Mitarbeiter. Allerdings sind nur Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern verpflichtet, eine interne Meldestelle für Hinweise einzurichten.
Welche Verstöße werden vom Gesetz geregelt?
Das Hinweisgeberschutzgesetz enthält eine abschließende Liste von Tatbeständen, die gemeldet werden können. Hierzu gehören unter anderem Straftatbestände, Ordnungswidrigkeiten, die Leben, Körper oder Gesundheit oder die Rechte von Beschäftigten oder deren Vertretungen betreffen, sowie spezifische Rechtsvorschriften auf Bundes‑, Landes- oder EU-Ebene. Letztere umfassen unter anderem Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche, Produktsicherheit, Umweltschutz und Datenschutz.
Welche Meldewege stehen Whistleblowern zur Verfügung?
Das Hinweisgeberschutzgesetz unterscheidet zwischen internen und externen Meldestellen. Interne Meldestellen werden vom Arbeitgeber eingerichtet, während externe Meldestellen von Bund oder Ländern betrieben werden. Darüber hinaus ermöglicht das Gesetz die “Offenlegung von Informationen”, d.h. die Veröffentlichung von Informationen, beispielsweise durch die Presse, allerdings nur in eng begrenzten Ausnahmefällen.
Wer muss eine interne Meldestelle einrichten?
Alle Arbeitgeber mit 50 oder mehr Mitarbeitern sind verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Bestimmte Unternehmen der Finanzbranche müssen unabhängig von ihrer Mitarbeiterzahl eine solche Stelle einrichten. Arbeitgeber mit 50 bis 249 Mitarbeitern haben die Möglichkeit, sich zusammenzuschließen und eine gemeinsame interne Meldestelle zu betreiben. Für Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern besteht keine solche Verpflichtung.
Welche Fristen und Pflichten gibt es?
Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten sind seit dem 02. Juli 2023 verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Die Nichtbefolgung dieser Pflicht stellt nach § 40 eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro geahndet werden. Diese Vorschrift tritt jedoch erst am 01. Dezember 2023 in Kraft. Daher drohen Konsequenzen für die Nichteinhaltung erst ab Dezember 2023, obwohl die Pflicht zur Einrichtung der internen Meldestelle seit dem 2. Juli besteht.
Für Unternehmen mit mindestens 50, aber weniger als 250 Beschäftigten besteht die Verpflichtung zum Betrieb einer internen Meldestelle erst ab dem 17. Dezember 2023. Hier gibt es keine “Karenzzeit”. Ab dem Stichtag 17. Dezember muss die interne Meldestelle vorhanden sein, sonst droht ein Bußgeld.
Die übrigen Bestimmungen des HinSchG gelten ab dem Inkrafttreten des Gesetzes, also seit dem 02. Juli 2023. Zu diesem Zeitpunkt nahm auch die externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz ihre Arbeit auf.
Wie ist der Aufbau einer internen Meldestelle geregelt?
Der Arbeitgeber muss eine oder mehrere Personen mit der Aufgabe der internen Meldestelle beauftragen. Diese Personen müssen über “die notwendige Fachkunde” gemäß HinSchG verfügen, was zumindest die Kenntnis des HinSchG und insbesondere der zu beachtenden Verfahrensvorschriften voraussetzt. Zusätzliche (z.B. juristische) Fachkenntnisse können nützlich sein, sind aber nach dem Wortlaut nicht unbedingt erforderlich. Es ist zulässig, dass die beauftragte Person neben der Tätigkeit für die interne Meldestelle im Unternehmen auch andere Aufgaben wahrnimmt, solange kein Interessenkonflikt besteht.
Wichtig: Die Beauftragten für die interne Meldestelle sind in der Ausübung dieser Tätigkeit unabhängig und unterliegen bei der Erfüllung der Aufgaben nach dem HinSchG keinen Weisungen.
Es ist ausdrücklich zulässig, sich bei der Einrichtung der internen Meldestelle auch durch externe Dienstleister, wie z.B. Rechtsanwälte, unterstützen zu lassen. Trotzdem handelt es sich in diesem Fall um eine interne Meldestelle (im Gegensatz zur externen Meldestelle beim Bundesamt für Justiz).
Welche Aufgaben hat eine Meldestelle?
Die Aufgaben der internen Meldestelle umfassen:
- Betrieb von Meldekanälen
- Bearbeitung eingehender Meldungen
- Ergreifen erforderlicher Folgemaßnahmen
Die Meldestelle ist verpflichtet, Meldungen von eigenen Mitarbeitern und überlassenen Leiharbeitnehmern entgegenzunehmen. Andere Personen, die beruflich mit dem Unternehmen in Kontakt stehen (z.B. Lieferanten, externe Dienstleister), müssen nicht von der internen Meldestelle berücksichtigt werden. Es ist jedoch zulässig, eine interne Meldestelle auf freiwilliger Basis auch für diese Personengruppe zu öffnen.
Gibt es bestimmte notwendige Meldekanäle?
Gemäß § 16 des HinSchG müssen “Meldekanäle” eingerichtet werden, über die sowohl eigene Mitarbeiter als auch überlassene Leiharbeitnehmer Informationen über Verstöße melden können. Es müssen folgende Meldungen ermöglicht werden:
- Mündliche Meldungen (z.B. durch eine “Hotline” oder einen Anrufbeantworter)
- Meldungen in Textform (z.B. durch eine elektronische Hinweisgeberplattform oder eine spezielle E‑Mail-Adresse)
- Auf Wunsch des Hinweisgebers muss innerhalb einer angemessenen Frist auch ein persönliches Gespräch mit einer zuständigen Person möglich sein.
Was muss die interne Meldestelle nach Eingang einer Meldung tun?
Die interne Meldestelle hat nach dem § 17 HinSchG konkrete Aufgaben zu erfüllen, sobald eine Meldung eingegangen ist:
- Bestätigung des Eingangs der Meldung innerhalb von sieben Tagen
- Prüfung, ob der gemeldete Verstoß unter das HinSchG fällt
- Aufrechterhaltung der Kommunikation mit der hinweisgebenden Person
- Prüfung der Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung
- Anforderung weiterer Informationen vom Hinweisgeber, falls notwendig
- Ergreifen angemessener Folgemaßnahmen
- Rückmeldung an den Hinweisgeber innerhalb von drei Monaten über die ergriffenen oder geplanten Maßnahmen und deren Gründe, sofern diese Rückmeldung die Ermittlungen oder beteiligte Personen nicht beeinträchtigt
- Als angemessene Folgemaßnahmen kommen nach § 18 HinSchG unter anderem in Betracht:
- Durchführung interner Untersuchungen und Kontaktaufnahme mit Betroffenen
- Verweisung des Hinweisgebers an andere zuständige Stellen
- Abschließen des Verfahrens aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen
- Weiterleitung zur weiteren Untersuchung an eine für interne Ermittlungen zuständige Einheit oder an eine zuständige Behörde
Das HinSchG schreibt keine spezifische Vorgehensweise vor. Die Entscheidung für konkrete Folgemaßnahmen muss im Einzelfall getroffen werden.
Was ist im Verfahren mit Whistleblowern besonders zu beachten?
Gemäß § 8 HinSchG gilt für das gesamte Verfahren das Vertraulichkeitsgebot. Die Meldestellen müssen die Identität des Whistleblowers, der Personen, die Gegenstand der Meldung sind, und sonstiger in der Meldung genannter Personen vertraulich behandeln. Ausnahmen gelten nur für Hinweisgeber, die vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Informationen melden, oder wenn die Weitergabe von Informationen zur Ergreifung von behördlichen oder internen Folgemaßnahmen erforderlich ist.
Welche Meldestelle muss ein Hinweisgeber wählen?
Hinweisgeber haben die freie Wahl, ob sie sich an die interne oder an eine externe Meldestelle wenden, auch wenn eine interne Meldestelle vorhanden ist. Es ist im Interesse des Unternehmens, dass Hinweisgeber bevorzugt die interne Meldestelle nutzen. Allerdings dürfen Unternehmen keine verbindlichen Vorgaben zur Nutzung des internen Meldewegs machen. Sie sollten jedoch Anreize schaffen, dass in erster Linie die interne Meldestelle genutzt wird.
Dürfen Whistleblower an die Öffentlichkeit gehen?
Das HinSchG erkennt die Offenlegung von Informationen an die Öffentlichkeit als eine mögliche Handlung des Whistleblowers an. Die Veröffentlichung von Informationen ist jedoch nur unter strengen Voraussetzungen gemäß § 32 HinSchG zulässig.
- Der Whistleblower muss sich ordnungsgemäß an eine externe Meldestelle gewandt haben und von dort keine fristgerechte Rückmeldung erhalten haben.
- Oder es müssen erhebliche Umstände vorliegen, wie eine drohende unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses oder auch Anhaltspunkte für ein Zusammenwirken der Meldestelle und des Beschuldigten.
Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ist die Veröffentlichung nicht durch das HinSchG geschützt. Das Veröffentlichen falscher Informationen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, und der Whistleblower ist verpflichtet, für den entstandenen Schaden aufzukommen.
Da der Whistleblower bei der Veröffentlichung erhebliche Risiken eingeht, ist es in der Regel ratsamer, Meldungen an interne oder externe Meldestellen zu senden.
Wer sind die geschützten Whistleblower / Hinweisgeber?
Personen, die Hinweise gemäß dem HinSchG geben, genießen besonderen Schutz. Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:
- Der Inhalt der Meldung betrifft einen Verstoß, der in den Anwendungsbereich des HinSchG fällt, oder der Hinweisgeber hatte zum Zeitpunkt der Meldung “ausreichende Gründe zu der Annahme”, dass dies der Fall ist.
- Eine Meldung an die interne oder externe Meldestelle oder (nur bei Vorliegen der besonderen Voraussetzungen!) eine Offenlegung hat stattgefunden.
- Der Hinweisgeber hatte “ausreichende Gründe zu der Annahme”, dass die Meldung der Wahrheit entspricht.
Wann liegt ein “hinreichender Grund” für die Annahme eines Verstoßes vor?
Der Schutz des Hinweisgebers ist unzweifelhaft gegeben, wenn der von ihm gemeldete Sachverhalt einen Verstoß im Rahmen des HinSchG darstellt. Die Schutzbestimmungen des HinSchG greifen jedoch auch, wenn es einen ausreichenden Grund für diese Annahme gibt. Die genaue Definition von “ausreichendem Grund zur Annahme” wird wahrscheinlich in zukünftiger Rechtsprechung präzisiert.
Objektive Anzeichen sind in jedem Fall erforderlich. Eine Meldung, die lediglich auf Vermutungen basiert, ist nicht ausreichend.
Ob diese objektiven Anzeichen ausreichen, um einen Verstoß nach dem HinSchG anzunehmen, hängt von der Perspektive des Hinweisgebers ab: Konnte er aufgrund der ihm bekannten Fakten vernünftigerweise einen Verstoß annehmen?
Die Anforderungen an die Überprüfung der Stichhaltigkeit seines Verdachts durch den Hinweisgeber dürfen nicht zu hoch sein — eine umfangreiche “Voruntersuchung” kann nicht verlangt werden. Es ist jedoch klar, dass oberflächliche Meldungen ohne Substanz nicht unter den Schutz des HinSchG fallen.
Wie kann der Whistleblower geschützt werden?
Die Hauptbestimmung, die den Hinweisgeber schützen soll, ist im § 36 des HinSchG festgelegt. Es ist untersagt, Repressalien gegen den Hinweisgeber zu verüben, was auch die Androhung oder den Versuch solcher Maßnahmen einschließt.
Der Begriff “Repressalien” wird sehr weit ausgelegt. Jegliche Maßnahme, die dem Hinweisgeber schadet, muss in Betracht gezogen werden. Dies kann Anweisungen seitens des Arbeitgebers, Versetzungen, Kündigungen sowie die Nichtberücksichtigung für Beförderungen, Gehaltserhöhungen oder die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags umfassen.
Wenn ein Hinweisgeber behauptet, dass eine nachteilige Maßnahme aufgrund seiner Meldung nach dem HinSchG erfolgt ist, wird davon ausgegangen, dass es sich tatsächlich um eine Repressalie aufgrund der Meldung handelt. Allerdings hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, diese Annahme zu widerlegen.
Kann nachgewiesen werden, ob eine Maßnahme keine Repressalie ist?
Sollte nachteilige Maßnahmen gegen einen Hinweisgeber ergriffen werden und der Hinweisgeber behauptet einen Zusammenhang, wird grundsätzlich von einer unzulässigen Vergeltungsmaßnahme ausgegangen.
Um dennoch wirksame Maßnahmen, wie z.B. eine Kündigung durchzuführen, muss der Arbeitgeber den Nachweis erbringen, dass kein Zusammenhang zur Meldung besteht. Es kann oft anspruchsvoll sein, nachzuweisen, dass Maßnahmen gegen einen Hinweisgeber nicht aufgrund der Meldung ergriffen wurden und anderweitig begründet sind.
Neben der sachlichen Begründung der betreffenden Maßnahme, sind die Details des Meldeverfahrens von besonderer Bedeutung: Wie ist der zeitliche Zusammenhang? Wurden bereits Schritte zur Behebung des gemeldeten Problems unternommen? War die betroffene Person auf der Seite des Arbeitgebers über das Meldeverfahren informiert?
Wie kann man sich vor Falschmeldungen schützen?
Gemäß § 38 des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) ist der Hinweisgeber verpflichtet, Schadenersatz für Schäden zu leisten, die aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung falscher Informationen entstehen.
Jedoch besteht diese Schadenersatzpflicht nur für bewusst falsche Meldungen oder solche, von denen der Hinweisgeber selbst annimmt, dass sie eher unzutreffend sind. Wenn es Hinweise auf einen Rechtsverstoß gab und der Hinweisgeber ausreichend Grund zur Annahme eines meldewürdigen Sachverhalts hatte, hat der Schutz des Hinweisgebers Vorrang. Eine Schadenersatzpflicht entfällt – selbst wenn sich die Annahme des Hinweisgebers im Nachhinein als unzutreffend erweist.
Darüber hinaus liegt es in der Verantwortung der internen Meldestelle und der Personen oder zuständigen Behörden, die mit angemessenen Folgemaßnahmen beauftragt sind, den Sachverhalt nach einer Meldung zu klären und von weiteren Maßnahmen abzusehen, sollten sich die erhobenen Vorwürfe als falsch erweisen.